Frischer Wind in Kelverath
Bitte wählen Sie das Kapitel, das Sie gerade lesen!

Flugpionier

Der Erste über den Pyrenäen

Vor 110 Jahren überquerte der Schweizer Oskar Bider als erster Pilot die Pyrenäen und wurde dank des Wagemuts in seiner Heimat zum Helden.

Johannes BartschFoto: RODNAE Productions/Pexels
24. Januar 2023|11:49 Uhr
Mit einer Propellermaschine gelang dem Schweizer Oskar Bider der erste Pyrenäen-Überflug. Es sollte nicht seine einzige Pionierleistung bleiben. (Symbolbild: Viktor Hanacek/Picjumbo)

Dabei stand Bider damals noch ganz am Anfang seiner Karriere. Als er seinen ersten großen Flug mit nur 21 Jahren antrat, war er gerade einmal gute zwei Monate Pilot. Erst im November 1912 hatte er seine Ausbildung in der Flugschule des Luftfahrtpioniers Louis Blériot in Pau begonnen. Der französische Pionier hatte 1909 als erster Mensch den Ärmelkanal per Flugzeug überquert und weckte offenbar den Eifer Biders. Nur wenige Wochen nach Beginn der Ausbildung, die damals natürlich weitaus weniger komplex war als heutzutage, erhielt der Schweizer seine Fluglizenz.

Mit dem Pilotenschein in der Tasche erwarb er eine Blériot XI, eine der Maschinen seines Lehrers, und hob am 24. Januar 1913 im französischen Pau ab. Sein Ziel war das spanische Madrid und bereits kurz nach der erfolgreichen Landung sprach sich seine fliegerische Leistung herum. Als er im März per Zug in die Schweiz zurückkehrte, führte sein guter Ruf dazu, dass er bereits unmittelbar hinter der Grenze in Basel als „Held der Lüfte“ empfangen wurde.

Das große Ziel: Die Alpen bezwingen

Doch Bider ruhte sich nicht auf den frühen Lorbeeren aus. Bereits im Mai überflog er einen Teil der Alpen, seine erneut gen Süden ausgerichtete Route führte von Bern nach Sitten (französisch: Sion) im Kanton Wallis. Sein großes Ziel war jedoch die vollständige Alpenüberquerung von Bern nach Mailand, was per Luftlinie gemessen dem rund Zweieinhalbfachen seines Sion-Flugs entsprach. Damit eiferte er dem peruanisch-französischen Piloten Jorge „Geo“ Chávez Dartnell nach, der am 23. September 1910 den 2.000 Meter hohen Simplonpass nach Domodossola überflog und damit als erster Pilot den Hauptkamm der Alpen überquerte.

Die Landung jedoch missglückte und Chávez wurde bei dem Unfall so schwer verletzt, dass er vier Tage später verstarb. Bider zog aus diesem Ereignis und einem eigenen Probeflug die Erkenntnis, dass die für einen Direktflug notwendige Tankfüllung das Gewicht der Maschine zu sehr erhöhen würde, wodurch er in der dünnen Luft über den Bergen nicht die notwendige Flughöhe würde erreichen können. Folgerichtig beabsichtigte er eine Zwischenlandung in Domodossola, dem Unglücksort von Chávez.

Höhenflug mit Hindernissen

Der Start für Biders vollständige Alpenüberquerung erfolgte am 13. Juli 1913 um vier Uhr morgens – erst am Vortag war der junge Pilot 22 Jahre alt geworden. Trotz der umsichtigen Planung stand der Flug zunächst unter keinem guten Stern. Das Jungfraujoch mit einer Passhöhe von 3.466 Metern stellte ein hartnäckiges Hindernis dar und Bider musste eine halbe Stunde lang mühsam an Höhe gewinnen, bis er seinen Flug schließlich auf 3.600 Metern fortsetzen konnte. Die restliche Reise verlief jedoch nach Plan und sowohl die Zwischenlandung in Domodossola als auch die Ankunft in Mailand gelangen problemlos. Rund zwei Wochen später, als das Wetter gut genug für einen Rückflug war, kehrte Bider erneut über die Alpen in die Schweiz zurück, was vor ihm noch keinem Menschen per Flugzeug gelungen war.

Doch wie so viele andere Pioniere vor ihm blieb auch Bider nicht von einem Unglück verschont. Nach sechseinhalb Jahren als Pilot stürzte er am 7. Juli 1919 im Rahmen einer Flugshow ab und verstarb noch am Unfallort. Seine bemerkenswerten Leistungen jedoch blieben in Erinnerung und sorgten für große Fortschritte insbesondere in der zivilen Luftfahrt. Sein Andenken wird in der Schweiz noch immer dankbar gewürdigt – insbesondere natürlich zu Jubiläen wie dem heutigen.